Waldbaden - Martina Herfeldt | Wald und Gestalt | Rhein-Sieg-Kreis
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Waldbaden

Vom Gefühl zur Wissenschaft

 

„Die Wildnis ist nicht ein Ort, den wir besuchen – sie ist unsere Heimat.“

Gary Snyder

W

enn ich erzähle, dass ich Kursleiter für Waldbaden bin, bekomme ich häufig sehr verächtliche Kommentare zu hören, wie z.B. „Ach das sind die, die Bäume umarmen!“ oder „Glaubst du wirklich an diesen schamanischen Hokuspokus?“ bis zu „Immer wieder eine neue Idee, um die Naturverbundenheit der Menschen zu kommerzialisieren.“

 

Gerne nehme ich mir dann die Zeit, um – meinem ursprünglichen Berufsstand entsprechend – ein Plädoyer für das Waldbaden zu halten, denn wenn wir verstehen, welch wichtigen medizinischen Beitrag der Wald zu unserer eigenen Gesundheit beiträgt, sind wir vielleicht ein kleines Stückchen mehr bereit, nicht nur auf unsere, sondern auch auf seine Gesundheit zu achten:

 

Die wenigsten von uns werden leugnen, dass wir Menschen eine Liebe zum Leben und allem Lebendigen haben, ein ursprüngliches und tief verwurzeltes Bedürfnis, sich im Wechselspiel mit allen anderen Lebewesen weiterzuentwickeln. Dies ist ganz kurz zusammengefasst die sog. Biophilia-Hypothese des amerikanischen Evolutionsbiologen Edward O. Wilson.

Diese tiefe Verbundenheit des Menschen mit der Natur wird seit Jahrhunderten in unzähligen wunderbaren Gedichten, Reise- und Naturbeschreibungen sowie Romanen und Liedern literarisch verarbeitet.

 

Ganz jung hingegen ist ein Forschungsfeld, das seit Anfang unseres Jahrtausends im Rahmen der Wald- und Forstmedizin die Auswirkungen der Waldumgebung auf die menschliche Gesundheit erforscht. Es ist der Japaner Dr. Quing Li, der sich unter dem Begriff Shinrin Yoku, was wörtlich übersetzt „Baden in der Atmosphäre des Waldes“ bedeutet, seit 2004 damit beschäftigt, welche physiologischen Auswirkungen die Elemente des Waldes auf den Menschen hat.

 

Die bisherigen Forschungen haben den Nachweis dafür erbracht, dass Waldaufenthalte durch zwei entscheidende Wirkungswege zu einer Steigerung der Immunfunktion führen:

Einerseits nehmen wir beim Einatmen die chemischen Bestandteile des Waldes, die sogenannten Terpene, direkt in unseren Körper auf, was zu einer Stärkung des Immunsystems führt.

Zum anderen reduziert die Waldatmosphäre unmittelbar die Stresshormone im Körper, was sich ebenfalls positiv auf unser Immunsystem auswirkt.

 

Die Tatsache, dass jedes Verweilen im Wald unsere Gesundheit fördert, ist also kein esoterischer Hokuspokus, sondern biologisch erklärbar und erforscht. Vereinfacht gesagt, trifft das kommunikationsfähige Immunsystem des Menschen auf miteinander kommunizierende Pflanzen: Die Pflanzen des Waldes kommunizieren über chemische, flüssige oder gasförmige Substanzen miteinander, die sogenannten Terpene und Phytonzide. Der Duftstoff dieser Substanzen stellt das bewusstseinsunabhängige Kommunikationssystem der Pflanzen dar, über das sie einander vor Schädlingen warnen und mit dem ihre Abwehrkräfte mobilisiert werden. Derartige Terpene sind bereits aus der Aromatherapie bekannt und werden in diesem Naturheilverfahren eingesetzt, um ein inneres Ungleichgewicht, das sich in einer körperlichen Krankheit äußert, wieder ins Lot zu bringen.

 

Im Wald passiert auf natürliche Weise Ähnliches: Wir kommen hauptsächlich mit jenen Terpenen der Pflanzen in Kontakt, die gasförmig sind. Einige dieser Terpene, die man als „Anti-Krebs-Terpene“ bezeichnen könnte, bewirken, dass die natürlichen Killerzellen im Blut deutlich ansteigen. Die natürlichen Killerzellen sind eine spezielle Form der weißen Blutkörperchen, die insbesondere Viren und Tumorzellen bekämpfen.

Messungen habe belegt, dass der Aufenthalt von einem Tag im Wald die Zahl der natürlichen Killerzellen im Blut um fast vierzig Prozent ansteigen lässt; verlängert man den Aufenthalt um zwei Tage, so bleiben diese Killerzellen anschließend noch 30 Tage lang erhöht. Dabei genügt der normale Aufenthalt im Wald, eine körperliche Anstrengung ist nicht erforderlich.

 

Auch der subjektive Wohlfühleffekt bei einem Aufenthalt im Wald hat biochemische Auswirkungen in unserem Körper, die ohne weiteres Zutun eintreten. Das absichtslose Verweilen im Wald senkt unser Stressempfinden.

 

Dies geschieht dadurch, dass die Stresshormone Adrenalin, Noradrenalin und Cortisol sinken bzw. nicht ansteigen. Diese Hormone sind dafür verantwortlich, dass unser Körper innerhalb von Sekunden in der Lage ist, drohende Gefahren abzuwehren.

 

Im Nervensystem wird der Sympathikus aktiviert, der unsere gesamten Körperfunktionen, die zur Gefahrenabwehr durch Flucht benötigt werden, in die Höhe schnellen lässt: Herzschlag und Atmung werden beschleunigt, der Blutdruck steigt an, die Muskeln spannen sich an, die Konzentration fokussiert sich auf das zu lösende Problem.

 

Dieser Mechanismus, der in früheren Zeiten überlebensnotwendig war, um z. B. vor wilden Tieren fliehen zu können, macht uns heute schwer zu schaffen, weil dieser Kampf- und Fluchtmechanismus immer dann aktiviert wird, wenn wir eine Situation als bedrohlich empfinden.

 

Mussten wir in früheren Zeiten vielleicht einmal in Monat vor einem wilden Tier fliehen oder uns mit einem feindlichen Stamm streiten, so müssen wir uns heute minütlich vor Verletzungen durch technische Maschinen schützen, sind den Anfeindungen von Kollegen, Mitarbeitern und Mitmenschen ausgesetzt. Unser archaisches Gefahrenabwehrsystem versucht somit, uns nahezu pausenlos zu schützen.

 

Unsere heutige Lebensform ermöglicht es uns jedoch nicht mehr, den Kampf- und Fluchtimpuls sinnvoll einzusetzen und die bedrohliche Situation zu beenden. Damit produziert unser Köper auf Dauer Hormone, die unsere Organe schädigen, weil sie ursprünglich nur für einen zeitlich sehr begrenzten Zeitraum erforderlich waren. Wir empfinden dies als Dauerstress.

 

Die Atmosphäre des Waldes, die frei ist von den täglichen möglichen Situationen, die Stress auslösen, führt dazu, dass all die beschriebenen Funktionen nicht stattfinden. Vielmehr wird der Parasympathikus im Nervensystem aktiviert, der genau die gegenteiligen Körperreaktionen auslöst: Herzschlag und Atmung beruhigen sich, der Blutdruck sinkt, die Muskeln entspannen sich, wir fühlen uns wohl. Angstzustände, Unruhe oder depressive Stimmung werden abgebaut.

Genau diese Normalisierung der gesamten Körperfunktionen führt gleichzeitig dazu, dass auch das sog. „Wunderhormon“ DHEA (Didehydroepiandrosteron) ausgeschüttet wird. Dieses Hormon nimmt Einfluss auf alle immunologischen Abläufe im Körper, so dass durch die Absenkung von Stresssituationen nicht nur unser psychisches Wohlbefinden gesteigert, sondern gleichzeitig das Immunsystem gekräftigt wird.

 

Zusammenfassend lässt sich somit sagen, dass ein Waldbad das Nerven-, das Hormon- und das Immunsystem in messbarer Weise positiv verändert.

 

Viele von uns sind es jedoch gar nicht mehr gewöhnt, sich im Wald aufzuhalten, ohne zu joggen, Fahrrad zu fahren oder den Spaziergang zum Gespräch über gegenwärtige Probleme zu nutzen.

Aus diesem Grund schlendern wir durch den Wald und nutzen ihn einfach nur, um wieder in Kontakt zu unseren verschiedenen Sinnen zu kommen, die im Alltag oft zu kurz kommen, dem bewussten Hören, dem Fühlen oder Riechen oder auch dem Schmecken.

Dabei kann es auch passieren, dass der ein oder andere von Ihnen einen Baum umarmt, um seine Rinde nicht nur an den Finderspitzen, sondern auch an anderen Körperstellen zu spüren.

Befreiend ist aber vor allen Dingen die Erkenntnis, dass es beim Waldbaden kein Richtig und Falsch gibt, sondern nur das Wahrnehmen des Waldes.

 

Wenn Sie jetzt nach diesem langen Vortrag immer noch da sind, werden Sie jetzt vielleicht sagen: Ach so ist das mit dem Waldbaden!

Darauf kommt meine Frage: Möchten Sie das vielleicht mal ausprobieren?

 

Vereinbaren Sie gerne über mein KONTAKTFORMULAR einen kostenfreien Telefontermin und ich informiere Sie über die nächste Möglichkeit an einem Waldbad teilzunehmen.

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